Obwohl die Emotion Scham einer der ursprünglichsten menschlichen Affekte ist, begegnen wir ihr im Alltag selten offensichtlich. In unserer Gesellschaft wird sie noch immer als Tabuthema behandelt: Über Scham wird nicht geredet, sie wird nicht gezeigt und wo immer möglich, vermieden. Denn Scham zu spüren ist besonders unangenehm und schmerzhaft. Die Grenzen dieser Tabuzone erkennen wir oft nur vage am gesenkten Blick des Gegenübers oder des Errötens.
Gerade im therapeutischen Setting der Ernährungsberatung begegnen wir diesem “heissen” Gefühl – teils unbewusst – oft. Denn bereits die Therapiebedürftigkeit ist schambesetzt. Dazu kommt in der Ernährungsberatung die Scham über das Eingeständnis, an einer Essstörung zu leiden oder übergewichtig zu sein. Es schürt die fundamentale Angst, "das Gesicht” zu verlieren. Wird die Scham aufgrund der vielen Masken in der Beratung nicht erkannt, können Klientinnen ohne böse Absicht tief verletzt werden.
Insbesondere bei Essstörungen wird der Scham eine zentrale Rolle zugewiesen: Sie ist sowohl bei der Entstehung, wie Aufrechterhaltung der Sucht massgeblich beteiligt und erschwert den Betroffenen eine angemessene Selbstfürsorge. Bleibt die Scham in der Therapie unbehandelt, wirkt diese als störungsaufrechterhaltender Charakter weiter.
Im Seminar setzen wir uns intensiv mit der tabuisierten Emotion auseinander, erkennen, wie sie bei Betroffenen mit einer Essstörung wirkt, und explorieren, wie wir selbst eine schamstarke Haltung in der Beratung einnehmen können, um unsere Klientinnen mit hohem Schamerleben im Prozess zu unterstützen.
MBA Jessica Holderegger
Master of Science in Business Administration with a Specialization in Marketing
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